Toxische „Heile dich selbst“-Bewegung

Grüner Smoothie

Vielleicht fragst du dich jetzt angesichts des Titels, wieso ich die Bewegung als toxisch betitle. Schließlich zähle ich mich ja selbst zu den Yoga-Anhängerinnen, Grüne Smoothies-Trinkerinnen, Vitamin-Schmeisserinnen und Verfechterinnen von diversen Meditationspraxen.

Nun, ich leide an einer chronischen Erkrankung, und das schon recht lange. All die zuvor aufgezählten Attribute sind mir erst zuzuschreiben, seitdem es mir gesundheitlich immer schlechter gegangen ist und ich gemerkt habe, so kann es nicht weitergehen (meine Geschichte findest du hier und hier).

Mir persönlich tun all diese Dinge auch extrem gut, sie sind Teil meiner Routine und tragen ihren Teil dazu bei, dass ich mich einigermaßen ausgeglichen fühle. Ich möchte sie auch nicht mehr missen in meinem Leben.

Die Crux an der Geschichte

Allerdings, und jetzt kommt das große Aber, sehe ich in letzter Zeit sehr viele Instagram-Accounts, die dir erzählen wollen, du müsstest nur genügend Selleriesaft und Zitronenwasser trinken, 8 Stunden schlafen, pflanzenbasiert essen und schwups- wäre dein Reizdarm Geschichte. Eine Fastenkur inklusive Darmsanierung und schon kannst du wieder alles essen, was du möchtest.

Auch hier wieder: natürlich sind all die Dinge nicht schlecht und wenn sie dir gut tun, hör jetzt auf keinen Fall damit auf! Leider ist das Leben mit Reizdarm aber oft komplexer als das.

Die Toxik, die ich in dieser „Heile dich selbst“- Bewegung sehe, ist, dass damit auch die Verantwortung für deine Heilung dir allein übertragen wird. Und damit dir ganz allein. Im ersten Monent mag man sich denken: ja aber das ist doch super, dann habe ich ja alles in der Hand, um endlich gesund zu werden!

Spinnen wir den Gedanken aber weiter, und da kann ich aus eigener Erfahrung sprechen, und stellen uns vor, eine Person hat seit Jahren Darmprobleme (oder sonstige gesundheitliche Probleme) und hört den ganzen Tag nur, dass sie sich doch einfach selbst heilen muss. Dann probiert sie all die Dinge, die ihr empfohlen werden, aus, aber leider sind die Probleme immer noch da. Dann trägt auch sie allein die Verantwortung, und ich möchte hier sagen, die Schuld, wenn es ihr nicht besser geht und es nicht funktioniert. Das heißt, eine chronisch kranke Person, die sich sowieso Tag für Tag mit gesundheitlichen Problemen herumquält, hat nun auch noch Schuldgefühle, weil sie nicht in der Lage ist, sich selbst zu heilen. Und das, da sind wir uns wohl alle einig, trägt mit Sicherheit überhaupt nicht zum besseren Wohlbefinden bei!

Niemand ist selbst schuld!

Was ich damit sagen will: macht weiter Yoga, trinkt meinetwegen Selleriesaft und esst vegan, wenn es euch gut tut! Aber vergesst dabei nicht, dass es nicht eure Schuld ist, krank zu sein, genauso wenig wie es eure Schuld ist, falls es euch bisher nicht besser geht!

Natürlich hilft es, Dinge zu testen und ausreichend Wasser zu trinken wird mit Sicherheit nicht schaden. Eine Verlagerung der alleinigen Verantwortung auf eine kranke Person meiner Meinung nach aber schon.

2 Kommentare bei „Toxische „Heile dich selbst“-Bewegung“

  1. Hi,
    da konnte ich doch nicht bis zum Wochenende warten und habe jetzt schon gelesen. Ich war neugierig auf deine Ansicht, da ich – zumindest teilweise – in dieser „Heile dich Sebst“-Bubbel bin und das auch daher stückweit so sehe. Ich verstehe aber total deinen Punkt. Es kann einen auch unter Druck setzen. Danke, dass du diese Sichtweise ansprichst. Ich muss aber sagen, dass für mich auch der Druck eine Lösung bei Ärzten zu finden irgendwann anstrengend war. Immer wieder zu hören „Sie sind doch gesund. Ich finde nichts“..

    Ich empfinde es so, dass die mentale Gesundheit super wichtig ist! Druck ist also nie gut. Egal wodurch 🙂

    1. Hey, vielen Dank für dein Feedback! 🙂 Das mit den Ärzten kann ich auch total nachvollziehen. Mentale Gesundheit ist auf jeden Fall extrem wichtig, da gebe ich dir zu 100% Recht!

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